Presse: Boll-Interview - Mit eigener Kaffeemaschine nach Rio
DTTB interviewt Borussias Spitzenspieler
Frankfurt/Main. Knapp zwei Monate vor Beginn der Tischtennis-Wettbewerbe bei den Olympischen Spielen in Rio des Janeiro hat Timo Boll dieser Tage eine notwendige Pflicht erfüllt. In Frankfurt unterzog sich der Rekord-Europameister einer sportmedizinischen Untersuchung, die vom DOSB verlangt wird, um für die Spiele nominiert zu werden. Vor dem Belastungstest gab der Odenwälder noch eine private Kaffeemaschine im DTTB-Generalsekretariat ab. Die Maschine wird mit nach Rio fliegen und soll ein gutes Omen sein – am besten für Edelmetall mit der Mannschaft und/oder im Einzel.
Timo, traut ihr dem Kaffee in Rio nicht, dass ihr die eigene Maschine mitnehmt?
Das haben wir bei den großen Turnieren immer so gemacht. Die Maschine hatten wir 2015 bei den European Games in Baku schon dabei, da hat Dima ja gewonnen. Im Olympischen Dorf gibt es meistens ein McCafé, aber dort sind die Schlangen immer sehr, sehr lang. So ist es etwas bequemer. Wir haben auch ein paar Kaffee-Junkies im Team, gar nicht so unter den Spielern, aber im Betreuer-Team. Und die sind dann sehr dankbar.
Um welche Junkies handelt es sich denn?
Es ist kein Geheimnis, dass wir die Maschine eigentlich nur wegen Sportdirektor Richard Prause mitnehmen. Der besorgt auch die Kapseln, weil er der größte Abnehmer ist, vor allem Espresso trinkt.
Was an größeren Gerätschaften kommt noch mit nach Rio?
Früher habe ich immer noch einen Beamer mitgenommen. Den lasse ich diesmal zuhause. Ich versuche, wieder ein bisschen mehr zu lesen.
Kommen wir zum Sportlichen: Wir sind knapp zwei Monate vor Rio. Wie ist deine momentane Verfassung?
Soweit fühle ich mich ganz gut. Ich bin jetzt in dem Stadium, wo ich mein Knie auch wieder ganz gut belasten kann (Boll hatte sich im September einer Knie-OP unterziehen müssen), wo ich viel an der Kondition arbeite, an meinem körperlichen Zustand. Je näher es auf das Turnier zugeht, umso mehr arbeite ich an den Feinheiten am Tisch.
Wie sieht der Fahrplan in den kommenden Wochen aus?
Ab Montag sind wir mit der Nationalmannschaft anderthalb Wochen zum Konditions-Lehrgang in Hinterzarten. Als leidenschaftlicher Radfahrer freue ich mich auf die Touren dort. Von Hinterzarten aus fliege ich direkt zu den Korea Open. Danach finden die Olympia-Lehrgänge in Düsseldorf statt und noch drei Wettkämpfe: das Olympia-Vorbereitungsturnier am 15./16. Juli in Hamm, ein Turnier in Worms am 17. Juli und das Länderspiel gegen Österreich am 23. Juli in Fulda. Am 30. Juli fliegen wir nach Rio.
Für dich werden Rio die fünften Olympischen Spiele sein. Wird man mit der Zeit eigentlich gelassener?
Von der Vorfreude und Aufregung ist es schon anders. Ich erinnere mich noch an meine ersten Spiele 2000 in Sydney, wo es so richtig gekitzelt hat. So extrem ist es bei der fünften nicht mehr. Es schmälert aber nicht die Motivation, wenn die Aufregung nicht so groß ist. Vom Gefühl ist es jetzt einfach anders. Am Ende ist es immer noch eine Olympiade; man hat nur alle vier Jahre die Gelegenheit mitzuspielen. Es ist der Saison-Höhepunkt und deshalb bereitet man sich auch langfristig gezielt darauf vor.
Wie sehr beschäftigst du dich jetzt schon mit dem Starterfeld, der Rangliste, der Setzung?
Normalerweise ist mir die Rangliste ja nicht so wichtig, weil ich mich insgesamt mehr auf die größeren Turniere konzentrieren möchte. Klar ist die Setzung in Rio nicht unwichtig. Ich bin im Einzel momentan so ein bisschen auf der Kippe zwischen Position acht und neun. Deswegen habe ich die Rangliste schon im Auge, aber insgesamt hat sich dadurch nicht großartig etwas geändert von der Planung her. Ich muss versuchen, gut in Korea zu spielen, um die achte Position zu halten.
Letzte Frage: Hat dich Chinas Entscheidung überrascht, Zhang Jike als zweiten Einzelspieler neben Ma Long mitzunehmen?
Ein bisschen hat mich das schon überrascht, es war aber auch irgendwie abzusehen. Dass Zhang Jike den Vorzug vor Xu Xin bekommt, habe ich mir gedacht. Von den Leistungen her hätte eigentlich Fan Zhendong mitfahren müssen, aber die Chinesen haben halt im Blick, dass Zhang Jike Olympiasieger ist, dass er bei großen Turnieren immer abgeliefert hat und er einfach eine große Persönlichkeit in China ist.