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Presse: Timo Boll gewinnt Olympia-Test in Hamm

Borussias Spietzenspieler triumphiert beim Olympia-Test in Hamm

Hamm. Timo Boll hat das Olympia-Testturnier in Hamm gewonnen. Im Finale ließ der Rekord-Europameister dem Weltranglistenneunten Vladimir Samsonov keine Chance. Im Halbfinale hatte sich Boll im internen Duell gegen Dimitrij Ovtcharov in sieben Sätzen behauptet. Insgesamt 2000 Zuschauer verfolgten das Turnier in der Sporthalle der Friedensschule am Samstag und Sonntag.

Mit einer Knie-OP im vergangenen September und einigen Erkrankungen im Anschluss hatte das Olympia-Jahr für Timo Boll zunächst wenig verheißungsvoll begonnen. Doch der Düsseldorfer scheint mehr und mehr in Form zu kommen. In Hamm wirkte Boll ausgesprochen spielfreudig, gewann seine vier Einzel, darunter das Halbfinale gegen Dimitrij Ovtcharov und das Endspiel gegen Valdimir Samsonov. „Ich bin mit meiner Leistung auf jeden Fall zufrieden, hab mich gut bewegt. Da hatte ich in den letzten Wochen noch ein bisschen Probleme. Heute habe ich das Knie ausblenden können. Ich hoffe, ich kann bis Rio noch eine Schippe drauflegen.“ Aufgrund einer intensiven Lehrgangswoche und des abschließenden Turniers hatten sich Boll und Samsonov darauf geeinigt, das Endspiel über drei Gewinnsätze zu spielen. „Ich glaube, wir waren im Finale beide etwas platt. In Rio rechne ich aber stark mit Vladi, dass er um Medaillen kämpft. Er ist in einer Bombenform und braucht noch ein paar Wochen.“ Zu seinen eigenen Rio-Ambitionen und einer ersehnten ersten Einzel-Medaille sagte Boll: „Man muss sich schon hohe Ziele stecken, auch wenn sie vielleicht fern erscheinen. Ich werde weiter Gas geben, es wieder probieren und vielleicht klappt es noch“, so Boll, der sich in Hamm über eine Siegprämie von 2500 Euro freuen konnte.

Ovtcharov mit Konzentrationsloch im siebten Satz

Im Halbfinale hatte Europas Bester, Dimitrij Ovtcharov, gegen Nationalteamkollege Boll nach 0:3-Rückstand zum 3:3 ausgleichen können. Im Entscheidungssatz bei 7:5 und eigenem Aufschlag hatte der Weltranglistenfünfte die Möglichkeit, selbst den Sack zuzumachen. Doch Boll drehte den Spieß um. "Gegen einen Spieler wie Timo darf man nicht 0:3 hinten liegen. Anfangs habe ich meine Chancen nicht genutzt, bei 10:8 im dritten Satz oder 7:5 im ersten Satz. Danach war ich gefühlt der bessere Spieler, die Partie lief in meine Richtung. Bei meiner 7:5-Führung im siebten Satz hatte ich ein Konzentrationsloch, das nicht passieren darf. Das Turnier hat gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind", sagte Ovtcharov nach seiner Halbfinal-Niederlage. Sein derzeitiges Leistungsvermögen wollte die Nummer fünf der Welt nicht einschätzen. "Bis letzten Donnerstag habe ich noch sechs bis acht Stunden täglich trainiert, Freitag ging dann hier der Wettkampf los. Bei wie viel Prozent ich bin, kann ich nicht sagen. Ich will am 7. August bei 100 Prozent sein", betonte "Dima". Die Tischtennis-Wettbewerbe in Rio de Janeiro starten am 6. August, die deutschen Athleten müssen frühestens am 7. August ran.
„Es war wichtig, dass sich die Spieler nach einer langen Trainingsphase wieder der Stresssituation eines Wettkampfes mit Zuschauern und Schiedsrichtern gestellt haben. Das war eine gute Standortbestimmung, an welchen Stellschrauben noch zu drehen ist. Timo hat sehr gut gespielt heute. Das war für ihn wichtig zu sehen, dass er auf dem Level spielen kann. Zwischen Timo und Dima sind die Duelle oft sehr eng“, sagte Herren-Bundestrainer Jörg Roßkopf.

Steger steigert sich von Spiel zu Spiel

Im zweiten Halbfinale unterlag Bastian Steger dem weißrussischen Routinier Vladimir Samsonov in sechs Sätzen. Zunächst sah es nach einem glatten 4:0 für den mittlerweile 40 Jahre alten Ex-Europameister Samsonov auf, doch Steger konnte auf 2:3 in Sätzen verkürzen und hatte im sechsten Durchgang insgesamt drei Satzbälle zum Ausgleich. Der Weltranglistenneunte wehrte sie in starker Manier ab und holte sich mit 13:11 das Match. "Das war ein gutes Turnier für mich. Ich habe mich von Spiel zu Spiel gesteigert. Gegen Walker war noch Sand im Getriebe, gegen Shibaev war es ein gutes Match. Gegen Vladi ging die ersten drei Sätze gar nichts, danach war es wirklich gut", analysierte Steger und versuchte das Phänomen Samsonov noch ein wenig zu erklären: "Vladi hat einfach eine unheimlich gute Spielübersicht. Von außen sieht das überhaupt nicht spektakulär aus, es sind viele Kleinigkeiten, er platziert und spielt einfach sehr clever." In den kommenden Wochen bis zur Abreise nach Rio de Janeiro will die Nummer drei im deutschen Rio-Team vor allem an der "Spritzigkeit, der Geschwindigkeit und der Feinabstimmung" arbeiten.

Topfavoriten ziehen ins Halbfinale ein

Die Topfavoriten hatten sich am Vormittag in ihren Gruppen keine Blöße gegeben und den Halbfinal-Einzug perfekt gemacht. Dimitrij Ovtcharov nahm die Hürde Paul Drinkhall relativ souverän, wurde nur im ersten Satz vor Probleme gestellt. Drinkhalls Landsmann Liam Pitchford sah gegen Timo Boll kaum einen Stich. Der Düsseldorfer gewann 3:0, Satz eins mit 11:3 und Satz drei mit 11:1. Patrick Franziska musste in Gruppe B gegen den früheren Europameister und Weltranglisten-9. Vladimir Samsonov Lehrgeld zahlen. In Gruppe D ging es auch im dritten Einzel über die volle Distanz. Bastian Steger hielt den Russen Shibaev in Schach, gegen den sich der Deutsche schon in der Vergangenheit einige heiße Matches geliefert hatte.

2000 Zuschauer an zwei Turniertagen / ITTF-Präsident zu Besuch

DTTB-Sportdirektor Richard Prause zog nach den beiden Turniertagen folgendes Fazit: „Die Spieler haben in einer langen Trainingsphase sehr hart gearbeitet. Von daher war es jetzt wichtig, einen Wettkampf auf höchstem Niveau zu simulieren. Wir waren in Hamm sehr gut aufgehoben, bei einem Verein, der eine große Tischtennis-Tradition hat. Hamm ist insofern auch ein kleiner Mosaikstein für die deutsche Rio-Mannschaft. Wir haben tollen Sport gesehen und wichtige Rückmeldungen erhalten. Wir sind auf einem guten Weg, und hoffen, in Rio eine gute Tagesform zu haben, um unsere kleine Tradition – Mannschaftsmedaille 2008 und 2012 – fortsetzen zu können.“

Martin Vatheuer, Präsident des Durchführers TTC Grün-Weiß Bad Hamm, resümierte: „Sportlich haben wir am Freitag und Samstag spannende und hochklassige Spiele gesehen. Etwas schade ist, dass Timo und Dima schon im Halbfinale aufeinander getroffen sind. Organisatorisch war das alles einwandfrei. Nach dem Zuschlag Ende des Jahres haben wir uns in die Vorbereitung gestürzt. Wir hatten Glück, dass jetzt schon Ferien sind und wir die Halle frühzeitig aufbauen konnten. Die Zuschauerzahlen waren absolut in Ordnung, an den drei Sessions Freitagabend, Samstagvormittag und Sonntagnachmittag hatten wir zusammen insgesamt 2000 Zuschauer.“ Der Verein aus Westfalen, im Herrenbereich in der Dritten Bundesliga zu Hause, hatte dem Publikum neben dem eigentlichen Spitzensport auch ein Mitmachprogramm mit einem „Funpark“ geboten. 30-40 Helfer sorgen für den reibungslosen Ablauf.

Einer von den Zuschauern am Sonntag war kein Geringerer als der Präsident des Weltverbandes ITTF, Thomas Weikert. Für den ehemaligen DTTB-Präsidenten war eine Rückkehr in die eigene Vergangenheit, trug er zu Hammer Bundesligazeiten doch zweimal das Trikot des TTC Grün-Weiß. „Es war immer sehr schön hier, auch wenn wir damals abgestiegen sind“, sagte Weikert, der auch noch mal für die Einzel-Weltmeisterschaften in Düsseldorf 2017 (29. Mai – 5. Juni) warb.

Olympia-Testturnier in Hamm

Finale (best of five)
Timo Boll – Vladimir Samsonov 3:0 (8,3,7)

Halbfinale (best of seven)
Dimitrij Ovtcharov – Timo Boll 3:4 (-7,-3,-10,9,7,9,-9)
Vladimir Samsonov – Bastian Steger 4:2 (4,5,5,-7,-9,11)

Gruppe A
1. Dimitrij Ovtcharov 2:0
2. Paul Drinkhall 1:1
3. Li Ping 0:2
Li Ping – Drinkhall 0:3 (-5,-6,-9)
Ovtcharov – Li Ping 3:1 (9,7,-8,10)
Ovtcharov – Drinkhall 3:1 (-9,4,6,8)
Ovtcharov im Halbfinale

Gruppe B
1. Vladimir Samsonov 2:0
2. Patrick Franziska 1:1
3. Kou Lei 0:2
Kou Lei – Franziska 2:3 (3,-6,-9,10,-5)
Samsonov – Kou Lei 3:0 (4,7,9)
Samsonov – Franziska 3:0 (7,7,8)
Samsonov im Halbfinale

Gruppe C
1. Timo Boll 2:0
2. Liam Pitchford 1:1
3. Panagiotis Gionis 0:2
Gionis – Pitchford 2:3 (-8,-8,7,2,-8)
Boll – Gionis 3:1 (-5,6,8,9)
Boll – Pitchford 3:0 (3,11,1)
Boll steht im Halbfinale

Gruppe D
1. Bastian Steger 2:0
2. Alexander Shibaev 1:1
3. Samuel Walker 0:2
Steger – Walker 3:2 (-5,8,-8,9,7)
Shibaev – Walker 3:2 (-10,-5,9,7,9)
Shibaev – Steger 2:3 (-5,8,-8,6,-6)
Steger im Halbfinale

Die Teilnehmer in Hamm

Deutschland

Dimitrij Ovtcharov, Weltrangliste: 5 (Stand Juli 2016)

Timo Boll, 14

Bastian Steger, 24

Patrick Franziska, 51

Weißrussland
Vladimir Samsonov, 9

Russland
Alexander Shibaev, 23

Griechenland
Panagiotis Gionis, 26


Ukraine

Kou Lei, 43

England
Liam Pitchford, 49
Paul Drinkhall, 58
Samuel Walker, 129

Nicht-europäischer Gast: Katar
Li Ping, 28

Quelle: DTTB

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